Wie unterscheiden sich eigentlich Produktmarketing und Personalmarketing?

Nach 2 Wochen genialem Schweden-Urlaub heisst es morgen „back to work“ und heute gibts was Neues von saatkorn.. Im Urlaub habe ich hin und wieder über Produkt- und Personalmarketing nachgedacht. Warum gibt es überhaupt auf Personalmarketing spezialisierte Agenturen? – Wäre es nicht viel sinnvoller, Produktmarketeers auch auf die Arbeitgebermarke anzusetzen und entsprechende Kampagnen zu entwickeln? Gibt es überhaupt Unterschiede zwischen Produktmarketing und Personalmarketing? – Das waren so ein paar Fragen. Und hier der Versuch einer Antwort:

Schaut man sich das Produktmarketing etwas näher an, fällt Folgendes auf:

  • Produktmarketing richtet sich an die potenzielle Käuferzielgruppe. Und damit richtet sich Produktmarketing nahezu 100%ig an unternehmensexterne Zielgruppen. Natürlich gibt es auch von dieser Regel Ausnahmen, wenn beispielsweise Unternehmer für ihre eigenen Produkte werben. Tolles Beispiel hierfür und immer wieder gern gesehen: Trigema Chef, der sich allerdings im Trigema Werbespot die Rolle auch mit einem Affen teilt  🙂  Aber dies nur am Rande (und weil ich den Spot immer wieder unglaublich finde)…
  •  Produktmarketing ist oft alles, aber nicht authentisch. Oder glaubt jemand aus der Leserschaft tatsächlich, dass Nutella gesund, Rene Lezard eine französische oder wahlweise italienische Modemarke oder der Porsche Cayenne tatsächlich im Geländefahrzeug ist? – Gerade das Produktmarketing lebt davon, Produkte mit zusätzlichen, ursächlich nicht vorhandenen Werten aufzuladen. Es geht darum, emotionale Erlebniswelten zu schaffen, die den Kaufanreiz gerade deshalb erhöhen, weil der Konsument die entsprechenden Markenwerte mit kauft. Davon lebt letzten Endes die gesamte Luxusindustrie, ob im Mode-, Parfum- oder Autobereich.
  • Produktmarketing sollte Marken groß und erfolgreich machen. Und dazu ist eine „geliehene“ Authentizität absolut brauchbar. Mit „geliehen“ meine ich, dass eine emotionale Markenwelt geschaffen wird, die unter Umständen mit dem eigentlichen Produkt nicht viel zu tun hat. Egal, dass Nutella keine Sportlernahrung ist, es hat auf jeden Fall ein solches Image. Egal, dass Rene Lezard ein süddeutsches Unternehmen ist und der Porsche Cayenne in erster Linie ein Fahrzeug für betuchte Manager oder deren Frauen ist, aber kein Geländewagen: das Image passt. Entscheidungen für den Kauf eines Produktes finden in erster Linie im Bauch, emotional, statt (natürlich unter der Voraussetzung, dass ich mir rein monetär betrachtet das Produkt leisten kann. Obwohl – oft sind da die Augen auch größer auch größer als der eigene Kontostand).
Bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber kommt dem Thema Authentizität eine ganz andere Bedeutung zugute. Denn die Entscheidung, ob ich für Unternehmen A oder B arbeiten soll, ist in der Regel keine rein emotionale Bauchentscheidung. Dafür verbringt man als Arbeitnehmer viel zu viel Zeit in dem gewählten Unternehmen. Mit der entsprechenden Unternehmenskollegen und den Kolleginnen und Kollegen. Und: ob ich mal Porsche gefahren bin oder nicht steht in meinem CV nicht drin, wird in der Regel nicht Bestandteil meiner selbst. Dies ist bei der Arbeitgeberwahl auch anders. Für das Thema Personalmarketing bedeutet dies:
  • Personalmarketing richtet sich nicht nur an externe, sondern auch an interne Zielgruppen. Die vorhandenen Mitarbeiter sollten die entsprechenden Botschaften glaubwürdig und mit eigenen Worten bestätigen können. Das bedeutet: mit einer guten Kampagne, einem guten Arbeitgeberslogan ist es nicht getan, sondern die Botschaften müssen unter Berücksichtigung der vorhandenen MitarbeiterInnen entwickelt werden und sollten zunächst intern und erst dann extern kommuniziert werden. Wird nur die externe Zielgruppe potentieller Mitarbeiter adressiert, so fehlt letzten Endes die Grundlage für erfolgreiches Personalmarketing, da die bereits vorhandenen Mitarbeiter die Botschaften nicht kennen und somit auch nicht glaubwürdig vertreten können.
  • Personalmarketing hat in der Regel also auch einen anderen Authentizitätsanspruch als das Produktmarketing. Mit einer wie oben beschriebenen „geliehenen“ Authentizität kommt man nicht weit. Einerseits schon deshalb nicht, weil die bereits vorhandenen Mitarbeiter mit einer „geliehenen“ Authentizität nichts anfangen werden können. Und was die externen Zielgruppen angeht, lässt sich heutzutage schließlich schnell überprüfen, ob ein Arbeitgeber wirklich so unternehmerisch, partnerschaftlich, leistungsorientiert oder mit Wohlfühlfaktor ausgestattet ist wie vorgegeben. Ob über das eigene (virtuelle) Netzwerk oder Arbeitgeberbewertungsplattformen: man kann schnell und ohne großen Aufwand herausfinden, wie die „echte“ Arbeitswelt eines bestimmten Arbeitgebers ist. Es ist also „echte“ Authentizität gefragt.
  • Personalmarketing muß emotional treffen (sonst interessiert sich niemand für die Arbeitgebermarke), dann aber auch unter rationalen Aspekten glaubwürdig und attraktiv sein. Gutes Personalmarketing sollte also die echt vorhandenen Stärken eines Arbeitgebers identifizieren, aufgreifen und emotional treffend aber gleichzeitig glaubwürdig inszenieren.
Die kurze Betrachtung oben differenziert ja zwischen der Zielgruppe (extern vs. intern), der Authentizität (echt vs. geliehen) und der Markenwelt (emotional vs. rational). Versucht man das Ganze grafisch darzustellen, fallen die Unterschiede zwischen Produkt- und Personalmarketing schnell auf:
Klar: dies ist keine Doktorarbeit und hat keinen wissenschaftlichen Anspruch. Auch klar ist: Produktmarketing findet natürlich nicht ausschließlich für externe Zielgruppen und nur auf der emotionalen Ebene mit geliehener  Authentizität statt – hier sollte es ja lediglich um die Kernunterschiede gehen. Und vor diesem Hintergrund glaube ich, dass die Betrachtungsweise sinnvoll ist. Mich interessiert Eure Meinung dazu. Vielleicht gibt es ja auch ganz andere Ansichten und weitere Kriterien, die berücksichtigt werden sollten?

erecruiting, employer branding und social media: angeregte diskussion bei xing

vergangenen donnerstag hatte ich das vergnügen, in hamburg bei xing an einer diskussionsrunde rund um die themen erecruiting, employer branding und social media dabei gewesen zu sein. neben mir referierten dort klaus eck und stefan schmidt-grell zu diesen themen. eingeladen waren xing kunden aus ganz deutschland, die sehr zahlreich erschienen sind – es waren fast 100 leute da. unglaublich, denn wenn man bedenkt, wie viele veranstaltungen es in deutschland in 2010 zu diesen themen gab, könnte man meinen, dass es eigentlich keinen bedarf mehr gibt. weit gefehlt (auch wenn ich weiß, dass die eine oder andere veranstaltung in diesem jahr auch abgesagt wurde). nicht so bei xing – in meinen augen war es sogar eine der sympathischsten veranstaltungen, da das event nicht in irgendeinem business-hotel, sondern bei xing selbst stattfand. das gab der ganzen angelegenheit in meinen augen einen sehr persönlichen touch – und vielleicht lag es auch daran, dass so angeregt diskutiert wurde.

los ging’s mit einer netten begrüßung von xing ceo dr. stefan groß-selbeck, der kurz auf die aktuelle (sehr erfreuliche) geschäftliche entwicklung von xing einging und so den rahmen für die weiteren vorträge aufspannte.

für mich dann das highlight war klaus eck, der mit seiner pr/social media beratung ja seit jahren erfolgreich im geschäft und sicherlich einer der fachkundigsten social media experten in deutschland ist. ich war wirklich gespannt auf seinen vortrag zum thema online reputation management, da ich ihn noch nicht persönlich kannte, aber von seinen büchern (insbesondere „karrierefalle internet“, auch wenn der reißerische titel natürlich nur marketing ist) sehr angetan bin. und der positive eindruck bestätigte sich durch seinen vortrag und auch später im gespräch: ein sympathischer und fachkundiger typ, klasse. wenn jeder im social web kommuniziert, quasi zum publisher wird, wie stellt man fest, wer glaubwürdig ist und welche inhalte empfehlenswert sind? welche relevanz haben peer to peer bewertungen im produktbereich, welche im arbeitgeber-bereich? welche relevanz hat social media, wenn in den usa laut eck bereits 92 % der aktuell geborenen babies im web per bild zu finden sind (eine zahl, die ich kaum glauben kann)? wie hoch ist die glaubwürdigkeit von websites? – laut eck liegt die von der zielgruppe wahrgenommene glaubwürdigkeit von botschaften auf websites bei ca. 30 %. ergo:

  • social media verändert kommunikation massiv. jeder wird zum botschafter, jeder zum potentiellen bewerter.
  • menschen erwarten immer mehr persönliche ansprechpartner im web und gehen auch immer mehr mit ihren persönlichen informationen online, da sie mit echtem namen kommunizieren, veröffentlichen und in den dialog treten möchten.
  • man kann sich nicht entscheiden, ob man online wahrgenommen wird. man kann aber positiv beeinflussen, wie man wahrgenommen wird.

social media mit den relevanten kanälen wie facebook, youtube, twitter oder auch über business-netzwerke wie xing ermöglichen diese neue form der kommunikation. und somit wird deutlich, dass social media für employer branding, personalmarketing und recruiting eine sehr große rolle spielt und in zukunft eine noch größere spielen wird. denn: es geht nicht um die nutzung der kanäle, es geht vor allem um eine veränderte form der kommunikation insgesamt – nicht nur, aber auch bezogen auf themen rund um die arbeitgeberwahl und -attraktivität.

kleine persönliche anmerkung an dieser stelle: ich kann die aussagen von klaus eck nur unterstreichen: wer als recruiter meint, dass social media nur eine mode-erscheinung ist, irrt meines erachtens gewaltig, da sich kommunikation grundsätzlich ändert und der anspruch an „echte“, authentische botschaften steigt. und das in allen lebensbereichen, ob es um produktinformationen, reisebuchungen oder eben jobsuche geht, ist vollkommen zweitrangig. social media wird elemantarer „lebensbestandteil“. übertrieben? – inzwischen ist fast jeder siebte erdenbürger mitglied bei facebook…

zurück zu klaus eck: bezogen auf employer branding ist zentral, dass es eine integrationsstrategie gibt: die verschiedenen social media kanäle müssen miteinander verknüpft werden. und: man sollte versuchen, die mitarbeiter zu botschaftern für die eigene arbeitgebermarke machen.

anschließend referierte stefan schmidt-grell über die möglichkeiten, xing als plattform für erecruiting und employer branding einzusetzen. in seinem vortrag nochmal die interessante erkenntnis, dass das netzwerken in social media der tätigkeitsbereich #1 im internet geworden ist – sogar vor entertainment, e-mail und gaming-aktivitäten. faszinierend. anhand der ergebnisse von thorsten zur jacobmühlens „social media report“ stellte stefan heraus, dass 2010 das jahr ist, in dem sich social media für die personalarbeit durchgesetzt hat. dies würde ich auf basis der empirischen untersuchung „social media für employer branding und rekrutierung“ so klar zwar nicht sagen, denke aber auch, dass wir auf dem besten wege dahin sind. das thema erreicht so langsam auch die mittelständischen unternehmen. ich vermute, dass wir hier in den nächsten 2 jahren noch sehr viel grundlagen- und aufbauarbeit zu leisten haben. aber von der tendenz her sehe ich es genau so wie stefan.

xing selbst hat sich auf basis der vorgestellten zahlen sehr eindrucksvoll entwickelt:

  • 10 mio mitglieder
  • 4,3 mio davon in der Region Deutschland – Österreich – Schweiz
  • 80 % arbeiten vollzeit
  • fast 50 % sind akademiker
  • ca. 35 % befinden sich in fach- und führungspositionen

klar, dass eine veranstaltung von xing bei xing und über xing etwas viele marketing-botschaften enthält, dennoch eindrucksvolle zahlen. die möglichkeiten von xing liegen – natürlich – im anzeigenbereich, aber auch in der aktiven kandidatensuche und in employer branding aktivitäten wie beispielsweise der positionierung von unternehmen in gruppen oder unternehmensprofilen.

schlußendlich war ich selbst an der reihe und habe erläutert, wie die demografische entwicklung, unterschiedliche denkmuster in verschiedenen generationen (stichwort „generation y“) und die technologisierung die notwendigkeit einer auseinandersetzung mit der eigenen arbeitgebermarke provozieren. interessant: von den 100 personen im raum gaben ca. 5 % an, dass ihr unternehmen über eine klare arbeitgeberpositionierung verfügt. wenn man eine solche nicht hat, ist die kommunikation im social web meines erachtens recht schwierig und vor allen dingen mittel- bis langfristig nur schwer aufrecht zu erhalten. denn: ich muß meinen zielgruppen erklären, warum sie sich ausgerechnet bei mir bewerben sollten. dafür muß man authentische geschichten erzählen können – am besten über und durch mitarbeiter aus dem eigenen unternehmen. wenn aber keine wettbewerbsdifferenzierende arbeitgeberpositionierung vorhanden ist, gibt es keinen „roten faden“, keine markenbotschaft. kommunikation wird damit beliebig und es kommt selbstverständlich vor, dass es zu wiedersprüchlichen aussagen kommt, wenn ein bewerber mit verschiedenen mitarbeitern spricht. schlimmer noch: man versinkt als unternehmen in der riesigen masse anderer potentieller arbeitgeber, da man keine wettbewerbsdifferenzierenden aussagen trifft. meine beratung unterstützt hier gern, einfach melden  🙂

es folgte eine kurze betrachtung rund um die differenzierung und einordnung von employer branding, personalmarketing und recruiting, da die meisten recruiter und personaler diese begriffe oft synonym verwenden, sich aber ganz unterschiedliche themen dahinter verbergen. die zusammenhänge sind aber relevant, wenn man eine employer branding strategie entwickelt und umsetzt. darauf basierend habe ich dargestellt, wie man bei der entwicklung, konzeption und umsetzung von employer branding vorgehen sollte und dies mit konkreten beispielen aus der unternhemenspraxis unterlegt. für mich absolut erfreulich waren die vielen fragen und die angeregte diskussion nach meinem vortrag und bei dem angenehmen get-together in den xing räumlichkeiten nach der offiziellen veranstaltung.

dickes kompliment an xing für das gelungene event und die super organisation! Und mehr Infos inklusive Fotos auf dem XING Blog.